Zeitverschwendung und Futterwechsel, wie passt das zusammen? Ich gebe zu, dass ist etwas provokant. Aber manchmal ist es tatsächlich so. Denn jeder unnötige Futterwechsel verschiebt die Suche nach der eigentlichen Ursache immer weiter nach hinten. Natürlich ist in vielen Fällen ein Futterwechsel wichtig. Gerade bei Unverträglichkeiten und Allergien. Aber bei den meisten meiner Patienten ist es nicht bei einem Futterwechsel geblieben. Es wurden im Laufe der Zeit immer mehr Futtersorten ausprobiert. Meistens hat der vierbeinige Kumpel das neue Futter eine Weile gut vertragen, aber dann fingen die alten Probleme wieder an. Manchmal mit denselben Symptomen, manchmal mit ganz neuen Anzeichen.
Vielleicht hört es sich besser an, wenn ich sage: Häufig ist ein Futterwechsel ein Umweg, durch den wichtige Zeit verloren geht.
Warum möchtest du das Hundefutter wechseln?
Diese Frage stelle ich immer als erstes, wenn neue Kund*innen zu mir kommen, weil sie ihr Hundefutter wechseln möchten. Natürlich schaue ich mir vorher an, was gefüttert wird und ob der Hund mit dieser Fütterung bedarfsgerecht versorgt wird. Aber egal, was bei meiner Rationsüberprüfung rauskommt, ist mir die Frage nach dem „Warum?„, sehr wichtig. Wenn die Antwort „Unverträglichkeit“ ist, dann frage ich weiter (ich weiß, dass ich da recht anstrengend sein kann😅). Aber mein Ziel ist es, eine dauerhafte Verbesserung zu erreichen…und der Weg dahin ist am sichersten, wenn ich so viel Informationen bekomme, wie möglich. Manchmal soll das Futter gewechselt werden, weil die Besitzer*innen kein gutes Gefühl bei dem bisherigen Futter haben. So ein ungutes Bauchgefühl zeigt oft in die richtige Richtung. Aber die meisten Hundehalter*innen erzählen von Magen-Darm-Symptome, die sich mit dem Futter in Verbindung bringen lassen.
Welche Unverträglichkeits-Symptome zeigt dein Hund?
Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil die Antwort einen Hinweis darauf gibt, an welcher Stelle im Verdauungsstrakt das Futter eventuell Probleme macht. Und außerdem können wir daran erkennen, ob und wie die Futterzusammensetzung an dem Problem beteiligt ist. Ist das Futter vielleicht in der Zusammensetzung nicht ausgewogen und enthält einen großen Anteil schwerverdaulicher Proteine? Oder ist einfach nur der Fettgehalt zu hoch? Vielleicht liegt der Schwerpunkt der Probleme im Darm und dein Hund hat ständig Blähungen oder immer wieder Durchfall. Bei anderen zeigen sich die Probleme eher im Magen mit Sodbrennen und Bauchschmerzen. Es sind auf jeden Fall alles Anzeichen, die auf eine gestörte Verdauung hin weisen und jeden erstmal an einen Futterwechsel denken lassen.
Hast du auch schon (mehrfach) probiert, das Futter zu wechseln?
Wenn ja, wie lange hält die Besserung dann an? Oder gibt es nur unwesentliche Verbesserungen, bei denen man gar nicht wirklich von „besser“ sprechen kann? Bei häufigen Futterwechseln schau ich mir, wenn wir das noch zusammenkriegen, auch die vorherigen Futtersorten an und schaue, ob es Gemeinsamkeiten gibt. Das kann oft schon sehr aufschlussreich sein. Und glaub mir, du bist nicht allein, wenn du in Sorge um die Gesundheit deines Hundes schon mehrere Sorten nacheinander ausprobiert hast. Das höre ich sehr häufig und ich kann das auch gut verstehen. Niemand möchte seinen Hund leiden sehen. Und sich die Nächte um die Ohren schlagen, weil der Hund immer wieder raus muss oder die ganze Nacht schluckt und schmatzt, kann man auch nur begrenzt.
Kurzer Ausflug in die Tiefen von Magen und Darm
Was passiert denn in Magen und Darm eigentlich? Wir reden immer von Verdauung und von Störungen. Aber was ist denn gestört, wenn es in der Verdauung nicht rund läuft? Ich will hier nicht wirklich in die Tiefe gehen, aber einmal kurz die wichtigsten Abläufe erklären:
Magen
Hier kommt das Futter grob zerkleinert an und wird mit Magensäure vermischt. Im Magen beginnt der erste Teil der Verdauung. Proteine (Eiweiße) und zum Teil auch Fette werden „anverdaut“. Aus der stückigen Masse wird ein Brei.
Mögliche Schwachpunkte:
- falsch zusammengesetzte Ration erschwert die Verdauung
- zu viel oder zu wenig Magensäure
Dünndarm
Der Dünndarm holt mit Hilfe der Bauchspeicheldrüsen-Enzyme die Nährstoffe aus dem Futter und gibt sie an den Organismus ab. Die Dünndarmpassage ist von der gesamten Verdauungszeit die kürzeste. Deshalb ist es hier auch besonders wichtig, dass alles gut funktioniert.
Mögliche Schwachpunkte:
- nicht ausreichend vor-verdaute Proteine aus dem Magen
- entzündete Darmschleimhaut kann die Nährstoffe nicht aufnehmen (Unverträglichkeit /Allergie)
- Enzymmangel durch Bauchspeicheldrüsenschwäche verhindert die nötige Verdauung
- Durchfall verkürzt die ohnehin schon kurze Verweildauer im Dünndarm
Dickdarm
Jetzt geht es an die Resteverwertung. Bakterien verdauen die Ballaststoffe , die aufgrund ihrer Struktur sowohl den Magen als auch den Dünndarm schadlos überstehen. Dabei entstehen die wichtigen kurzkettigen Fettsäuren, die die Darmschleimhaut als Energielieferant braucht. Außerdem wird der Futter-Brei eingedickt, damit es schöne Häufchen gibt.
Mögliche Schwachpunkte:
- Darmflora hat sich verschoben, durch Probleme in Magen und/oder Dünndarm
- Entzündung im Dickdarm, die zu Durchfall führt
Diese Aufzählung von Schwachpunkten ist natürlich nicht vollständig. Sie soll dir nur grob aufzeigen, wo es Probleme geben kann.
Wenn der Darm entzündet ist…
kann er seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erledigen. Je nachdem, wie stark sich diese Entzündung ausbreiten kann, zeigen sich die Probleme auch in einer mehr oder weniger großen Bandbreite. Hunde, die immer wieder unter Verdauungsstörungen leiden, haben häufig einen entzündeten Darm. Das ist noch keine Katstrophe, aber es kann der Anfang einer schwereren Störung oder Erkrankung sein. Deshalb habe ich im Titel dieses Artikels von Zeitverschwendung geschrieben. Zeit, in der dem Darm nicht geholfen wird, weil er nicht so auffällig ist, dass er direkt Beachtung findet. Sicherlich ist meine Sichtweise durch meine Fokussierung auf Darmerkrankungen manchmal etwas speziell. Aber das, was ich hier schreibe, entspricht absolut meinen Erfahrungen. Der Darm rückt als letztes in den Fokus. Und damit ist oft schon viel Zeit ins Land gegangen, wodurch sich das Problem nicht selten verstärkt hat.
Wenn ein Hund unter einer Unverträglichkeit oder Allergie leidet, die sich klar eingrenzen lässt, muss die Fütterung natürlich angepasst werden. Aber in den meisten Fällen ist es gar nicht sicher, ob und wenn ja, durch was die aufgetretenen Symptome hervorgerufen werden. Ein entzündeter Darm, der sich immer wieder mit neuen Futtersorten auseinandersetzen muss, kann zum Entstehungspunkt für (weitere) Allergien werden.
Leider keine Tipps
Jeder Hund ist ein Individuum, wie wir Menschen auch. Jeder hat seine eigenen Vorlieben, seine eigenen Problemchen, seine eigenen gesundheitlichen Störungen und auch sein ganz eigenes Verdauungssystem. Deshalb gibt es leider auch nicht das eine Wundermittel oder Superfutter, das jeder Hund verträgt. Und gerade der Hundefuttermarkt ist gigantisch groß und wächst von Woche zu Woche. Immer wenn ich denke, ich habe so ziemlich alles schon mal gesehen, kommen Kund*innen mit einem Futter um die Ecke, von dem ich noch nie gehört habe. Auswahl ist wichtig, aber wenn es so unübersichtlich ist, schafft das nur Verunsicherung und führt dazu, immer wieder das Futter zu wechseln.
Viele Magen-Darm-Hunde vertragen Futterwechsel nicht
Verdauungsstörungen oder entzündliche Darmerkrankungen sind oft sehr langwierige Krankengeschichten. Es geht immer auf und ab und in den schlechten Zeiten sind die Besitzer*innen verständlicherweise voller Sorge um ihren Hund. Er muss ja irgendwas fressen, auch wenn alles Durchfall oder Bauchschmerzen verursacht. Aber gerade diese Hunde vertragen meistens keinen Wechsel. Er wirft sie oft nach kurzer Zeit noch weiter zurück. Oder die Beschwerden werden einfach nur etwas weniger, und ohne weitere Unterstützung musst du dich dann irgendwann mit Futter arrangieren, dass die wenigsten Probleme verursacht.
Keine richtigen Tipps, aber….
zwei Punkte, die du im Hinterkopf haben solltest, wenn dein Hund wieder eine schlechte Phase hat und du über einen Futterwechsel nachdenkst:
- Es ist gut, dass es in den sozialen Medien viele Gruppen gibt, in denen sich Hundebesitzer*innen zusammen finden können, um sich gegenseitig zu unterstützen. Hier werden viele Tipps und Ratschläge gegeben, von denen jeder für sich, in den meisten Fällen auch seine Berechtigung hat. Aber nicht für jeden Hund. Prüfe bitte solche Vorschläge immer auf Herz und Nieren und überlege genau, ob das Empfohlene wirklich zu den Problemen deines Hundes passt. Denn wenn es nicht das ist, was dein Hund eigentlich braucht, dann ist schon wieder Zeit verloren, in der man nach der Ursache forschen kann.
- Wenn du schon mehrmals das Futter gewechselt hast, es aber nie zu einer deutlichen und vor allem anhaltenden Verbesserung der Probleme gekommen ist, dann lass einmal ein aussagekräftiges Kotprofil erstellen. Oft finden sich da die besten Ansatzpunkte.
Wenn ich mit meinem Blog-Titel bei etwas Irritation ausgelöst habe…das wollte ich auch😊. Es ist mir einfach wichtig, dass die Suche nach dem Verursacher der Probleme immer im Vordergrund steht. Gleichzeitig müssen natürlich die akuten Probleme behandelt werden, damit dein Hund nicht leidet. Aber die Symptom-Behandlung allein, und dazu zähle ich auch den Futterwechsel, reicht in den meisten Fällen nicht aus.
Ein gesunder Darm garantiert dir nicht, dass dein Hund auch gesund ist. Aber ohne einen gesunden Darm gibt es keine Gesundheit.