Darmflora, Mikrobiom, Darmsanierung, Darmaufbau …. lauter Begriffe, die seit einigen Jahren immer wieder im Umlauf sind. Ist das nur eine Modeerscheinung oder macht es wirklich Sinn, sich auch für unsere Haustiere damit zu beschäftigen?

 Für mich ist das ein wichtiger Teil meines Praxisalltags. Warum ich das für wichtig halte, erfahrt Ihr, wenn Ihr weiterlest.

Was ist denn nun eigentlich diese Darmflora?

Die Darmforschung arbeitet mit Hochdruck daran, immer mehr Informationen über das Innenleben unseres Darmes und mittlerweile auch dem unserer Haustiere, herauszufinden. Vieles weiß man heute, aber es gibt noch viel zu forschen.

Was ist denn nun eigentlich diese Darmflora? Der Begriff Darmflora ist etwas „veraltet“.  dass man früher Bakterien zu den Pflanzen gezählt hat. Heute verwendet man in der Wissenschaft den Begriff „intestinale Mikrobiota“ Hiermit ist die Gesamtheit der im Darm lebenden Mikroorganismen gemeint. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Bakterien, aber auch Pilze und Viren. In Summe befinden sich im Darm unzählige Bewohner, die für unsere Gesundheit oder die unserer Tiere sorgen, ohne dass wir sie bemerken.

Meistens beschäftigen wir uns erst dann mit ihnen, wenn sie beginnen uns zu ärgern. Zum Beispiel dann, wenn unser Hund nach einer Antibiotika-Behandlung plötzlich Durchfall bekommt.

Das muss nicht sein, passiert aber oft. Das Antibiotikum hat seine Aufgabe erfüllt und die krankheitsauslösenden Bakterien im Körper vernichtet. Leider fallen dieser gewollten Aktion aber auch immer sehr viele „gute Bakterien“ im Darm zum Opfer.

Und nun gibt es plötzlich freie Stellen in der Darmschleimhaut. Jetzt kommt es darauf an, wer den Wettlauf gewinnt und sich schneller vermehren kann, um die leeren Plätze einzunehmen.

In den meisten Fällen vermehren sich jetzt Bakterien, die in geringer Menge immer im Darm vorhanden sind und nur bei übermäßiger Anzahl Schaden anrichten können. Da nicht mehr genügend „gute Bakterien“ vor Ort sind, die sich ihnen in den Weg stellen können, werden die freien Plätze plötzlich von „krankmachenden“ Bakterien besetzt.

Die starke Vermehrung dieser Keime verändert jetzt das gesamte Klima im Darm, zerstört eventuell die Darmschleimhaut und verdrängt immer mehr der „Guten“ von ihren Plätzen.

Das Tohuwabohu ist perfekt. Die gesamte Darmflora ist durcheinander und alle Aufgaben, die das Bakterien-Team bisher gut im Griff hatte, laufen plötzlich schief. Das ist jetzt von mir alles etwas plakativ dargestellt, aber im Großen und Ganzen läuft es so ab.

Chaos in der Darmflora…und was nun?

Wie es jetzt weitergeht, hängt unter anderem vom Auslöser ab. Antibiotika sind in vielen Fällen entweder die Auslöser oder sie verschlimmern ein schon bestehendes Problem. Aber eine Dysbiose, so nennt man die aus dem Gleichgewicht gekommene Darmflora, kann natürlich auch anders ausgelöst werden:

Zum Beispiel durch eine unpassende Fütterung, mit der die Verdauungsleistung des Darms überfordert ist und sich deshalb plötzlich Bakterien vermehren, die in großer Menge Darmprobleme wie Blähungen und Durchfall verursachen können.

Auch chronische Erkrankungen (z.B Gastritis oder Bauchspeicheldrüsenerkrankungen) können das Mikrobiom im Darm beeinflussen. Kein Organ, kein System in einem Organismus arbeitet isoliert. Es werden immer andere Organe und Systeme in Mitleidenschaft gezogen.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht bringen kann, ist andauernder Stress. Stress schlägt auf den Magen, das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für unsere Hunde. Und tatsächlich haben viele Hunde Stress und auch Probleme damit.

Zusätzlich muss man beachten, es nicht nur darum geht, wodurch die Darmflora gestört wird. Denn eine, (egal wodurch) gestörte Darmflora kann genauso auch weitreichende Folgen für den Organismus haben. Es kann zu mehr oder weniger starken Verdauungsstörungen bis hin zu Allergien oder Verhaltensänderungen kommen. Da das Immunsystem ganz eng mit der Darmgesundheit verbandelt ist, kann es auch zu vielfältigen Entzündungsreaktionen kommen.

Was kannst du nun machen, wenn du vermutest, dass im Darm deines Hundes irgendetwas nicht in Ordnung ist. Einfach reinschauen geht ja nicht.

Darmflorascreen und Darmschleimhautuntersuchungen sind wichtige Hilfsmittel

Das tolle an diesen Untersuchungen ist, dass sie schnell und unkompliziert , mit Hilfe einer einzigen Kotprobe (kein Sammelkot) im Labor erstellt werden. Mittlerweile gibt es sehr aufschlussreiche Parameter, die untersucht werden können. Man kann nicht nur die Darmflora bestimmen, sondern auch den Zustand der Darmschleimhaut. Das ist besonders wichtig, um eventuelle Entzündungen zu erkennen.

Mithilfe des Befundes kann ich ganz individuell entscheiden, wie wir bei der Darmsanierung vorgehen. Fehlen Bakterien, die man von außen substituieren kann? Sind Keime vorhanden, die vorübergehend eine besondere Fütterung erfordern? Müssen eventuell weitere Untersuchungen durchgeführt werden? Welches Probiotikum mit welchen Inhaltsstoffen ist sinnvoll? Ist es nur eine Verschiebung in der Darmflora oder ist der Darm entzündet? Es gibt sehr viele Fragen, die sich je nach Umfang der gemachten Untersuchungen, beantworten lassen.

Darmsanierung, Pro- und Präbitoka

Das Thema Darmsanierung ist ja schon seit einiger Zeit sehr populär. Es gibt gerade für Hunde unzählige Mittel auf dem Markt, die sich für eine Darmsanierung eignen. Wichtig ist dabei aber, dass sie sich alle in ihrer Zusammensetzung unterscheiden.

Wenn ich also nicht weiß, welche Bakterien im Darm fehlen oder eventuell zu viel sind, dann weiß ich auch nicht, welche ich zugeben muss. Wenn das Probiotikum nicht auf den Befund abgestimmt wird, kann es passieren, dass das Ungleichgewicht in der Darmflora noch verstärkt wird. Weil Bakterien unterstützt werden, die eigentlich in ausreichender Menge vorhanden sind.

Außerdem haben wir auch noch das Problem, dass nicht jeder Hund jedes Probiotikum verträgt. Auch da kommt es auf die Inhaltsstoffe an. Deshalb ist die Auswahl des richtigen Probiotikums ein ganz wichtiger Teil der Darmsanierung.

Ein Präbiotikum enthält unverdauliche Stoffe, die den Darmbakterien als Nahrung dienen, ihnen gute Lebensbedingungen schaffen. Alle Ballaststoffe, die wir unseren Hunden füttern, sind Präbiotika.

Das alleinige Vorhandensein von Darmbakterien reicht nicht aus. Sie müssen auch gut versorgt werden, damit sie sich vermehren und ihre Aufgaben erfüllen können.

Um das Ganze zu vereinfachen, gibt es sogenannte Synbiotika, die beides beinhalten. Aber auch hier gilt, es müssen die richtigen Bakterien sein und der Hund muss alle Komponenten vertragen. Bei den Synbiotika musst du aber immer Hinterkopf haben, dass dein Hund trotzdem Ballaststoffe als Nahrung für die Bakterien benötigt. Das Köfferchen voll Futter, was die Bakterien in einem Synbiotikum mitbringen, reicht nur für sie selbst. Wenn sie sich ansiedeln und vermehren sollen, muss natürlich die ganze Bagage ernährt werden. Deshalb bitte auch bei einem Synbiotikum daran denken, dass zusätzliche Ballaststoffe nötig sind.

Nur, wenn du die Zusammenhänge verstehst, weißt du auch an welcher Schraube du drehen muss, wenn es mal nicht so läuft …

Reicht ein Aufbau der Darmflora als Darmsanierung aus?

Der Darmflora-Aufbau ist nur ein Teil der Therapie.

Ich habe zwar auch schon Patienten erlebt, bei denen nach einer einzigen Darmsanierung schlimmste Darmbeschwerden verschwunden waren. Das ist aber (leider) nicht immer so. Bei massiven Beschwerden oder schweren Erkrankungen kann eine Darmsanierung auch bis zu sechs Monate oder noch länger dauern. Das will ich hier nicht verschweigen.

Aber wenn das der Weg zu mehr Lebensqualität für Deinen Hund ist und damit ja auch gleichzeitig für Dich als HundehalterIn, dann ist der Weg richtig. Finde ich auf jeden Fall.

Zusätzlich zum Aufbau der Dickdarmflora muss auch nach dem Auslöser gesucht werden, der die Darmflora so durcheinander gebracht hat. Wenn du die Ursache nicht mitbehandelst, tauchen die Probleme meistens nach kurzer Zeit wieder auf. Deshalb ist bei fast allen Hunden eine zusätzliche Schleimhauttherapie nötig. Das ist kein Hexenwerk und unterstützt den Darm sehr.

In vielen Fällen muss die Fütterung angepasst werden. Es muss nicht immer gleich das ganze Futter verändert werden. Manchmal reicht es auch, das Futter mit Zusätzen aufzuwerten. Aber es gibt auch Patienten, die lange Zeit mit Schonkost gefüttert werden müssen. Solange, bis ihr Darm wieder gut aufgestellt ist und mit einer normalen Fütterung zurechtkommt. Es gibt aber auch immer wieder Hunde, die nie zu ihrer vorherigen Fütterung zurückkehren können.

Naturheilkunde als Unterstützung

Es gibt viele Naturheilkundliche Mittel, mit denen wir den Darm unterstützen können.

Dauerhaft oder kurweise. Aber ohne die Ursache und die genauen Umstände zu kennen, und ohne den Patienten dabei zu begleiten (hier reichen auch telefonische Rücksprachen) ist es schwierig hier etwas zu empfehlen. Vielleicht bekommt Dein Hund Medikamente, die in die Überlegungen mit einbezogen werden müssen. Oder es gibt Probleme, die zunächst weitere Untersuchungen erfordern, bevor ich Dir die richtige Unterstützung vorschlagen kann. Unbedacht gegebene Futterzusätze verschlimmern häufig die Beschwerden. Zum Beispiel die Fütterung von verdauungsfördernden Kräutern, wenn dein Hund sowieso schon ein Problem mit überschüssiger Magensäure und Sodbrennen hat.

Vielleicht ist auch einfach Deine Fütterung nicht ausgewogen (auch wenn die Verpackung etwas anderes verspricht). Dann bringt eine Darmsanierung zwar eine kurzzeitige Verbesserung. Da das eigentliche Problem aber nicht gelöst ist, sind die Beschwerden schnell wieder da.

Ich könnte jetzt noch ewig weiterschreiben, aber ich glaube, du weißt jetzt, warum ich der Meinung bin, dass bei einer ganzheitlichen Betrachtung immer auch ein Blick auf den Darm geworden werden muss. Im Darm sitzen 70 % des Immunsystems, wenn wir das nicht mit einbeziehen, gibt es keine dauerhafte Gesundheit.

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