Es gibt Momente, in denen der Blick eines Hundes mehr sagt als tausend Worte. Und nicht nur der Blick – die ganze Körpersprache kann Bände sprechen.
Wenn wir durch unser kleines Dörfchen und die umliegenden Wälder und Wiesen gehen, sehe ich oft Hunde, die an der Leine ziehen, bellen oder sogar aggressiv reagieren – und ich sehe auch die verzweifelten Blicke der Besitzer*innen, die nicht wissen, wie sie helfen können. Seit 20 Jahren begleite ich Hunde und ihre Menschen auf ihrem Weg zu einem harmonischen Zusammenleben, doch in den letzten fünf Jahren habe ich mich besonders auf ein Thema spezialisiert: Stress und Leinenaggression bei Hunden. In diesem Artikel möchte ich einige Einsichten teilen, die dir helfen können, das Verhalten deines Hundes besser zu verstehen und gleichzeitig die emotionalen Bedürfnisse deines treuen Begleiters zu erkennen.
Der erste Schritt: Die Bedürfnisse unseres Hundes verstehen
Hunde sind nicht nur Haustiere; sie sind fühlende Wesen mit eigenen Bedürfnissen und Emotionen. Es ist wichtig, dass wir uns bewusst machen, dass sie nicht einfach funktionieren wie eine Maschine, sondern lebendige, emotionale Wesen sind. Jeder Hund bringt seine eigene Geschichte, seine eigenen Erfahrungen und seine eigenen Bedürfnisse mit. Diese Bedürfnisse reichen von körperlicher Bewegung über geistige Stimulation bis hin zu emotionaler Sicherheit.
Stell dir vor, du bist in einer Stadt, die du nicht kennst, ohne Karte oder GPS, und musst dich durch den dichten Verkehr und laute Geräusche navigieren. Deine Sinne sind überfordert, und du fühlst dich gestresst. So ähnlich geht es vielen Hunden, die von ihrer Umgebung überwältigt werden.
Stress: Ein unsichtbarer Feind
Stress ist einer der Hauptfaktoren, der zu Problemen wie Leinenaggression führen kann. Es gibt verschiedene Arten von Stress, den Hunde erleben können: körperlicher Stress, emotionaler Stress und sogar stressbedingte Verhaltensmuster, die aus ihrer Vergangenheit stammen.
Ein Hund, der ständig an der Leine zieht oder aggressiv reagiert, ist oft ein Hund, der unter enormem Stress steht. Vielleicht hat er in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht oder fühlt sich in der aktuellen Situation unsicher. Oft sind auch Schmerzen am Stressgeschehen beteiligt, die wir unseren Hunden nicht ansehen. Und auch die Magen-Darmgesundheit spielt hier eine große Rolle, sowie generell der Gesundheitszustand unserer Hunde, der nicht selten der Auslöser für das Stressproblem ist. Anstatt das Verhalten als Ungehorsam oder mangelnde Disziplin zu interpretieren, sollten wir uns fragen, was der Hund wirklich braucht, um sich sicher und wohlzufühlen. Bei Aussagen, wie „der ist so stur“, werde ich hellhörig und meine Alarmglocken fangen an zu läuten. Denn: Hunde machen nichts ohne Grund!
Die Rolle der frühen Erfahrungen und genetischen Anlagen
Viele Menschen neigen dazu zu denken, dass sie sich allein verantwortlich fühlen, wenn ihr Hund Verhaltensprobleme zeigt. Während unser Verhalten und unsere Erziehung eine Rolle spielen, bringt jeder Hund von Geburt an bestimmte genetische Anlagen und frühkindliche Erfahrungen mit. Diese Faktoren können erheblichen Einfluss auf sein Verhalten haben.
Stell dir vor, eine Hündin hat enormen Stress in der Tragzeit und viele schlechte Erfahrungen sammeln müssen. Ihre Welpen werden in eine Welt voller potenzieller Gefahren geboren. Bereits im Mutterleib werden die Welpen auf diese gefährliche Welt vorbereitet, indem viel mehr
Rezeptoren für Stresshormone gebildet werden. Die Welpen werden ihr Leben lang sehr viel stärker und früher auf Stressreize reagieren als andere Welpen. Diese frühen Erfahrungen prägen ihre Sicht auf die Welt. Auch wenn wir unser Bestes geben, um ihnen eine sichere und liebevolle Umgebung zu bieten, können diese frühen Prägungen Spuren hinterlassen. Unsere Aufgabe als Hundebesitzer*in ist es, diese Spuren zu verstehen und zu lernen, wie wir unserem Hund helfen können, sich in seiner Welt besser zurechtzufinden.
Das ist nicht nur ein Problem der vielen Tierschutz-Welpen. Nein, auch wohlbehütete Welpen vom Züchter/von der Züchterin sind oft genauso stressanfällig.
Der Weg zu einem entspannten Spaziergang
Wenn du erkennst, dass dein Hund unter Stress leidet und er nicht nur einfach ständig zieht und dich mit dem Anpöbeln von Artgenossen auf die Palme bringen will, ist der nächste Schritt, Strategien zu entwickeln, um ihm zu helfen, sich zu entspannen. Hier sind einige Ansätze, die in meiner Arbeit mit Hunden besonders effektiv waren:
1. Langsame und gezielte Exposition: Wenn dein Hund Angst vor bestimmten Situationen hat, ist es wichtig, ihn langsam und schrittweise an diese Situationen zu gewöhnen. Beginne mit kurzen, positiven Erfahrungen und baue darauf auf. Zeit und Geduld sind hierbei deine wichtigsten Verbündeten.
2. Positive Verstärkung: Belohne ruhiges Verhalten und schenke deinem Hund Aufmerksamkeit und Leckerlis, wenn er sich in stressigen Situationen ruhig verhält. Dies hilft ihm, positive Assoziationen zu bilden. Du kannst ihm auch durch Leckerchen helfen, in einen entspannteren Zustand zu kommen. Merke dir, dass du negative Emotionen durch etwas Positives wie Leckerchen nicht verstärken kannst! Aber du kannst ihm aus solchen Emotionen damit heraushelfen.
3. Körperliche und geistige Stimulation: Sorge dafür, dass dein Hund genug Bewegung (nicht auspowern durch z.B. Bällchen Spiele!) und geistige Anregung erhält. Ein geistig müder Hund ist oft ein entspannterer Hund. Spiele, Tricks, Schnüffeln und andere Aktivitäten können helfen, überschüssige Energie abzubauen. Achte dabei auf eine gute Balance zwischen Anspannung und Entspannung. Hunde sollen zwischen 17 – 20 Stunden am Tag schlafen.
4. Rückzugsmöglichkeiten: Schaffe sichere Rückzugsorte für deinen Hund, an denen er sich entspannen kann, wenn die Umgebung zu hektisch wird. Kauen und Schlecken helfen deinem Hund schneller in die Entspannung.
Gemeinsam durch die Herausforderungen gehen
Es ist leicht, sich entmutigt zu fühlen, wenn man mit den Verhaltensproblemen seines Hundes konfrontiert ist. Doch erinnere dich daran, dass du nicht allein bist. Viele Hundehalter*innen stehen vor ähnlichen Herausforderungen, und es gibt Wege, diese zu überwinden. Es geht darum, eine tiefere Verbindung zu deinem Hund aufzubauen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
In meinem Online-Coaching „Endlich entspannt spazieren gehen“ bieten wir dir Unterstützung und Werkzeuge, um die Herausforderungen des Spaziergangs zu meistern und deinem Hund zu einem entspannteren Leben zu verhelfen. Doch bevor du darüber nachdenkst, möchte ich dich ermutigen, die Bedürfnisse deines Hundes stets in den Mittelpunkt zu stellen. Jeder Fortschritt beginnt mit dem Verständnis und der Fürsorge für dein Tier.
Fazit: Ein harmonisches Miteinander schaffen
Unsere Hunde sind mehr als nur Haustiere – sie sind Familienmitglieder, die unsere Aufmerksamkeit und Fürsorge verdienen. Indem wir uns die Zeit nehmen, ihre Bedürfnisse zu verstehen und auf ihren Stress einzugehen, schaffen wir eine harmonische und liebevolle Beziehung. Die Reise mag herausfordernd sein, doch die Belohnung ist eine tiefere Verbindung und ein glücklicherer Hund. Und sind wir mal ehrlich: ist der Hund glücklich, sind wir es doch auch, oder?
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du deinem Hund zu einem entspannteren Leben verhelfen kannst, sichere dir ein 30-Minütiges kostenloses Online-Gespräch mit mir!
In diesem kostenlosen Gespräch schauen wir uns an, wo ihr gerade steht, welche Ziele ihr mit eurem Vierbeiner habt und wie ihr da am schnellsten hinkommt.
Ich freue mich, dich kennenzulernen 😊!
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