Was gehört in eine gute Dose?

Welches Hundefutter ist gut? Diese Frage höre ich sehr oft. Aber wie ist es, wenn wir diese Frage etwas umstellen: Ist ein Hundefutter, in dem keine schlechten Inhaltsstoffe sind, automatisch ein gutes Futter? Das ist, wie ich finde, eine berechtigte und super interessante Frage, auf die mich eine Hundehalterin gebracht hat. Ich weiß, Blog-Artikel zum Thema „Gutes“ Hundefutter gibt es im Netz wie Sand am Meer. Da will ich mich auch gar nicht einreihen. Aber meine Überlegungen zu diesem Thema möchte ich euch nicht vorenthalten.

Warum kann ich diese Frage nicht einfach mit JA beantworten? Weil es tatsächlich nicht nur auf die grundsätzlichen Inhaltsstoffe, sondern auch auf die Qualität und die Aufteilung der Inhaltsstoffe ankommt. Und dann natürlich auch noch mal ganz besonders auf den Hund, für den das Futter gedacht ist.

Viele Hundefutterdosen sehen auf den ersten Blick sehr gut aus!

Eine Beispiel-Dose:

Ich habe für mein Beispiel eine gängige 800 g Dose im mittleren Preisbereich herausgesucht. Den Hersteller werde ich nicht nennen, denn diese Dose ist nur ein Stellvertreter für viele andere. Aber sie kommt aus dem „richtigen Leben“.

Rind mit Reis und Karotten

Vorne auf der Dose steht ein Aufdruck: Zubereitet mit 100 % Fleisch und Karotten

Das hört sich gut an. Und wenn man sich die Zusammensetzung anschaut, sind auch 60 % Fleisch und Innereien in der Dose. Und hier kommt die Original-Zusammensetzung, die wir auf der Dosenrückseite lesen können:

31 % bestehend aus Rinderherzen, Rindfleisch, Rinderleber, Rinderlunge, Rinderpansen, 29 % Brühe, 31 % bestehend aus Herzen, Lebern, Lunge, Niere, 4 % Reis, 4 % Karotten, 1 % Mineralstoffe

Viel Fleisch, aber nix Genaues weiß man

Wenn wir von einer absteigenden Reihenfolge ausgehen, haben wir mehr Rinderherz als Rindfleisch in der Dose. Und leider keinerlei Mengenangaben. Nur die angegebenen 31 % insgesamt. Herz ist zwar rein anatomisch ein inneres Organ und kein Muskelfleisch, aber gleichzeitig ist es natürlich ein einziger großer Muskel. Deshalb ist die Verwendung von Herz als Ersatz für Muskelfleisch in der Hundefütterung durchaus üblich. Wie hoch der Muskelfleischanteil im Vergleich zu den anderen Zutaten ist, bleibt uns bedauerlicherweise verborgen. Für mich ist das immer ein Indiz dafür, dass der Fleischanteil wahrscheinlich nicht überwiegt. Denn jeder Hersteller ist ja bemüht, soviel Fleisch wie möglich, auf die Inhaltsangabe zu schreiben.

Diese Inhaltsangabe hat aber auch noch eine zweite Reihe. Und wenn wir uns die anschauen, sehen wir, dass dort schon wieder Herz, Leber, Lunge, Niere steht. Aber diesmal steht nicht mehr „Rind“ davor. Was heißt das? Es sind zusammen auch 31 %, also die Hälfte des gesamten Fleischanteils. Von welchem Tier dieses Fleisch stammt, erfahren wir aber leider nicht. Das einzige, was wir wissen ist, dass es mit Sicherheit kein Rindfleisch ist. Ansonsten wären die Mengen ja in der ersten Reihe mit aufgeführt worden.

Was ist sonst noch in der Dose?

29 % Brühe. Wenn der Preis stimmt, dann ist Brühe nicht automatisch etwas Schlechtes. Aber in dieser Dose ist 1/3 des Inhaltes Brühe und kein Fleisch. Normalerweise müsste es in dieser Dose schön schwabbelig sein. Ihr könnt ja mal versuchen 500 g Fleisch mit 240ml Wasser zu pürieren. Das wird mit Sicherheit kein schnittfestes Hundefutter, sondern eher eine matschige Angelegenheit. In dieser Dose sind ca. 30 g Reis, die würden einen Teil der Brühe aufsaugen, aber sicher nicht einen Viertelliter. Das Ganze muss also eigentlich eine mehr oder wenige matschige Angelegenheit bleiben. Ist es aber nicht. Also hat irgendwer oder irgendwas nachgeholfen, um daraus ein schnittfestes Hundefutter zu machen. Auf der Dose steht nichts, also möchte uns das irgendwer nicht wissen lassen. So einfach ist das. Leider.

Jetzt haben wir noch Reis und Karotten aufgeführt. Karotten mit 4 %, das heißt, in der gesamten Dose sind 32 g Karotten. Nicht wirklich viel. Die 4 % Reis sind auch ungefähr 30 g (ungekocht). Sie nehmen aber einen Teil der Brühe auf. Wer schon mal selbst Reis gekocht hat, weiß, dass Reis selbst mit viel gutem Willen nicht die 8fache Menge aufnehmen kann. Das nur nochmal als kleinen Gedankenstupser zum Thema Bindemittel im Hundefutter.

Was fällt an diesem Hundefutter auf?

  • In der Dose tummeln sich ausgesprochen wenig unterschiedliche Zutaten. Was ich als sehr wohltuend empfinde, wenn ich dagegen die langen Listen manch anderer Fertigfutter sehe.
  • Die Dose ist als Alleinfuttermittel angegeben. Es sollte also alles drin sein, was ein Hund braucht. Die Zusammensetzung von 62 g Fleisch, 12 g gegartem Reis und 4 g Karotten in 100 g Hundefutter, lässt mich daran etwas zweifeln.
  • Dass Hundefutter nicht ausreichen deklariert ist, sehe ich ständig. Aber in den meisten Fällen sind es Futtermittel aus dem niedrigeren Preisniveau. Diese Dose kostet ca. 4 Euro, da erwarte ich eine genaue Angabe des Inhalts.
  • Brühe im Hundefutter ist mittlerweile fast Standard. Wenn der Preis in Ordnung ist und dein Hund das Futter gut verträgt, dann ist das auch ok. Aber du solltest immer im Hinterkopf haben, dass solches Futter nur mithilfe von Bindemitteln wieder schnittfest wird. Und Bindemittel sind bei empfindlichen Hunden häufig Allergieauslöser.
  • Dieses Futter ist sehr Innereien-lastig. Wir haben nur einen sehr geringen Anteil von hochverdaulichem Fleisch (Rindfleisch und Rinderherz) in der Dose. Dafür einen großen Anteil von Innereien und schwerer verdaulichen Bestandteilen wie Pansen und Lunge. Einem empfindlichen Hund kann das schon mal auf die Verdauung schlagen.
  • Ein absolutes No-go ist für mich aber die Tatsache, dass ich bei der Hälfte des Fleisches nicht weiß, von welcher Tierart es kommt. Das darf meiner Meinung nach nicht sein.
  • Der Testsieger vom diesjährigen Stiftung Warentest „Hundefutter-Test“ ist auch ein Futter, in dem wir nur bei 15 % der gesamten Dose wirklich wissen, was drin ist. Bei einer 400 g Dose ist das ungefähr einen Daumen breit vom Boden. Im Klartext heißt das, dass wir wissen, was sich in den unteren 2 cm dieser Dose befindet.
Der exakt deklarierte Inhalt dieser Dose reicht ungefähr bis zum oberen Rand des gelben Streifens. Den Rest können wir nur grob eingrenzen oder raten.

Frage beantwortet?

Ich denke ja. Auf den ersten Blick eine „gute“ Dose. Ohne Getreide, ohne Zusatzstoffe, mit einem relativ hohen Fleischanteil. Also alles prima!?

Nein, wenn ich eine Dose kaufe, auf der steht: Rind mit Reis und Karotten, dann möchte ich mich gerne darauf verlassen können. Ich will keine Dose kaufen, bei der ich bei der Hälfte der Fleischmenge nicht weiß, was es ist. Natürlich sehe ich das Futter immer durch meine „Brille“. Immer mit der Frage im Hinterkopf: Eignet sich das Futter für meine Patienten, die ja in der Regel alle sehr futtersensibel sind und sich mit diversen Verdauungsproblemen und Unverträglichkeiten rumplagen müssen. Für solche Hunde ist dieses Futter nicht geeignet. Aber ich würde es auch keinem gesunden Hund füttern, weil ich immer noch auf dem Standpunkt stehe, dass es sich nicht gehört, Kund*innen für dumm zu verkaufen.

Es gibt so unendlich viele Hundefuttersorten auf dem Markt und es scheint, als werden es täglich mehr. Und zum Glück gibt es auch sehr viel gute Informationen darüber, was im Hundefutter nichts zu suchen hat. Aber in meinem Beispiel siehst du, dass auch ein Hundefutter ohne „schlechte Inhaltsstoffe“ nicht automatisch gut ist.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner